Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 wurde eine Erweiterung der Aufzeichnungs- und Dokumentationsvorschriften für nicht endbesteuerte Kapitaleinkünfte eingeführt.
Eine ausdrückliche, gesetzlich geregelte Pflicht zum Führen von Aufzeichnungen bestand bisher nicht. Seit dem 01.01.2023 müssen Einnahmen und Werbungskosten zur Erhebung der Abgaben vom Einkommen und Ertrag iZm nicht endbesteuerten Kapitaleinkünften aufgezeichnet und am Jahresende zusammengerechnet werden.
Beispiele – welche Praxisfälle können von der Aufzeichnungspflicht umfasst sein?
Die Regelung umfasst jene Kapitaleinkünfte, die keiner Steuerabgeltung durch KESt-Abzug unterliegen. Dies betrifft zB:
- Depots, die bei Banken im Ausland gehalten werden: insbesondere Dividenden, Zinsen, Erträge aus Investmentfonds, Veräußerungsgewinne bzw. -verluste aus Aktien, Anleihen, Investmentfonds, Derivaten
- Veräußerung von GmbH-Anteilen
- Realisationsvorgänge iZm unverbrieften Derivaten
- Realisierte Wertsteigerungen: Gewinne/Verluste aus der Veräußerung von Wertpapieren oder aus der Veräußerung von Kryptowährungen
- Zinsen aus Privatdarlehen
- Einkünfte aus echten stillen Beteiligungen
Die Regelung umfasst nicht nur Vorgänge, die direkt zu Einkünften führen (zB Veräußerung von GmbH-Anteilen, Wertpapieren oder Kryptowährungen), sondern auch solche, die für die Einkünfteermittlung vorerst neutral sind. Gemeint sind hierbei zB die Anschaffung von GmbH-Anteilen, Wertpapieren oder Kryptowährungen.
Formalvorgaben
Die Aufzeichnungen müssen nach der gesetzlichen Bestimmung in der Bundesabgabenordnung (BAO) so geführt werden, dass sie einem sachverständigem Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können und sich in ihrer Entstehung und Abwicklung nachverfolgen lassen.
Es sollen zudem die weiteren Formalvorgaben der BAO beachtet werden (zB zeitnahe Erfassung, sinnvolle Kontenbezeichnungen, Nachvollziehbarkeit von Änderungen etc.). Es muss gewährleistet sein, dass die Wiedergabe der Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist von sieben Jahren gegeben ist.
Bei Kryptowährungen müssen Wallets sicher bzw. gut lesbar aufbewahrt werden. Es ist zu empfehlen, dass schriftliche Dokumentationen von Kontostand und Kontobewegungen bei Kryptobörsen regelmäßig heruntergeladen werden. Die historischen Anschaffungskosten und Erlöse bei Krypto-zu-Krypto Trades sind nachvollziehbar zu dokumentieren.
Zeitlicher Anwendungsbereich
Diese Aufzeichnungspflicht tritt mit 01.01.2023 in Kraft und ist auf alle Zuflüsse ab diesem Datum anzuwenden. Zu beachten ist, dass auch in früheren Veranlagungszeiträumen liegende Geschäftsvorfälle umfasst sein können, wenn der Zufluss nach dem Datum erfolgt. Beispiele:
- Vor 2023 abgeschlossene Privatdarlehen mit Zinszahlung ab dem 01.01.2023
- Ein GmbH-Anteil wird im Juli 2018 angeschafft und im August 2023 veräußert
Prüfungsmöglichkeiten
Ab 2023 ergibt sich somit aus der gesetzlichen Verpflichtung künftig für die Finanzbehörde auch die Möglichkeit, betroffene Kapitaleinkünfte einer Außenprüfung, der sog. „Betriebsprüfung“, zu unterziehen.
Folgen einer Pflichtverletzung
Sollte die Aufzeichnungspflicht missachtet bzw. die Aufzeichnungen sachlich unrichtig oder formell mangelhaft sein, die die sachliche Richtigkeit in Zweifel ziehen, ist es im Ermessen der Abgabenbehörde, die Einkünfte einer Schätzung zu unterziehen. Außerdem kann im Rahmen des Tatbestands einer Finanzordnungswidrigkeit eine Geldstrafe bis zu EUR 5.000,- auferlegt werden, sofern nicht bereits der Tatbestand eines anderen Finanzvergehens verwirklicht wurde.
Stand: 06.02.2023
Quellen: BMF, Cserny/Franke in SWK 27/2022, 1059, Erläuterungen Ministerialentwurf, 202/ME XXVII. GP, 32.
Foto: Mikhail Nilov