Anspruch auf Krankenentgelt

Einvernehmliche Auflösung im Krankenstand

Caroline Forster

Es kommt in der Praxis vor, dass ein Dienstverhältnis während eines aufrechten Krankenstandes einvernehmlich aufgelöst wird. Die Gesetzgebung sieht in solchen Fällen vor, dass Betriebe ihrer Entgeltfortzahlungspflicht weiterhin nachkommen müssen und sich nicht durch die Beendigung des Dienstverhältnisses dieser Verantwortung entziehen können. Deshalb ist festgelegt, dass das Krankenentgelt (einschließlich anteiliger Sonderzahlungen) bei fortdauerndem Krankenstand bis zur vollständigen Ausschöpfung der gesetzlichen EFZ-Dauer durch den/die Arbeitgeber:in weitergezahlt werden muss. Doch was passiert, wenn während des Krankenstandes der Stichtag für ein neues Arbeitsjahr erreicht wird? Verfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung (EFZ) dann? Genau diese Frage stand im Mittelpunkt eines konkreten Rechtsstreits.
   

Der Fall

Ein Arbeiter, der am 06.03.2019 in das Unternehmen eingetreten war, befand sich vom 17.01.2023 bis zum 14.05.2023 im Krankenstand. Während dieser Zeit wurde eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum 28.02.2023 vereinbart. Der Arbeitgeber zahlte das Krankenentgelt nach dem Ende des Dienstverhältnisses jedoch nur bis zum 05.03.2023, da dieser Tag der letzte des laufenden Arbeitsjahres war. Der Arbeitnehmer hingegen forderte das Krankenentgelt bis zur vollständigen Ausschöpfung der gesetzlichen EFZ-Dauer, also konkret bis zum 06.04.2023.
   

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes

Der Oberste Gerichtshof entschied, dass die vom Arbeitgeber vertretene Ansicht, der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ende mit dem letzten Tag des Arbeitsjahres, den Zweck des § 5 EFZG unterlaufen würde und nicht mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar sei. Auch wenn nach der Beendigung des Dienstverhältnisses kein neues Arbeitsjahr beginnt und somit kein neuer EFZ-Anspruch entsteht, bleibt dem Arbeitnehmer der volle Anspruch auf das noch nicht ausgeschöpfte Kontingent aus dem laufenden Arbeitsjahr erhalten. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zum 06.04.2023 war daher gerechtfertigt.
   

Conclusio

Bei einer einvernehmlichen Auflösung während des Krankenstandes bleibt das offene EFZ-Kontingent aus dem alten Arbeitsjahr auch über den „fiktiven“ Stichtag hinaus bestehen. Ein neuer EFZ-Anspruch für das „fiktive“ neue Arbeitsjahr entsteht jedoch nicht.

Erstellt: 02.09.2024
Quelle: Kraft & Kronberger Fachpublikationen 
Bild: Gustavo Fring